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​Vier falsche Polizisten aus Schwerte brachten alte Leute um ihr Geld

​Vier falsche Polizisten aus Schwerte brachten alte Leute um ihr Geld

Onur Ö. (22, re.) ist als einziger der vier Angeklagten noch auf freiem Fuß. Hier ist er mit seinen beiden Verteidigern zu sehen. Fotos: Helmut Ullrich

Schwerte/Hagen. Diese vier Männer aus Schwerte haben offenbar keine Skrupel und kennen wohl auch keinen Respekt vor dem Alter: Sie gaben sich als „Polizisten“ aus und brachten sechs Senioren um ihr gesamtes Erspartes. Der Gesamtschaden, den sie angerichtet haben sollen, beläuft sich auf 260.000 Euro.

Emerkan Y. (18) ist ein weiterer Beschuldigter.

Onur Ö. (22) schlendert um 8.56 Uhr lachend in Saal 201 des Hagener Landgerichts. Er grinst frech in eine TV-Kamera, die auf ihn gerichtet ist und wendet sich dann seinem Verteidiger zu. Der Türke aus Schwerte ist der einzige von vier Angeklagten, der sich auf freiem Fuß befindet. Alle drei anderen werden nacheinander in Handschellen in den Saal gebracht.

Um 9.04 Uhr bittet Vorsitzender Richter Marcus Teich die Fotografen und Fernsehteams, die Kameras auszuschalten und das Fotografieren einzustellen. Axel Nölle, Staatsanwalt aus der Abteilung Organisierte Kriminalität, verliest die Anklageschrift. Die Vorwürfe gehören mit zu den miesesten, die man sich vorstellen kann: Die vier Schwerter sollen arglose alte Menschen, die zuvor telefonisch unter Druck gesetzt worden waren, um ihr gesamtes Vermögen gebracht haben.

Betrügerbande mit Hintermännern aus der Türkei

Mit bislang unbekannten Hintermännern aus der Türkei, so die Anklage, hätten sie sich zu einer Betrügerbande zusammengeschlossen, um Senioren aus dem ganzen Bundesgebiet unter Vorspiegelung von Polizeimaßnahmen zur Herausgabe von Bargeld zu bringen. Es begann stets mit einem Anruf bei älteren Menschen, in dem man sich als „Polizei“ ausgab und vor „kriminellen Machenschaften eines Bankmitarbeiters warnte“.

Salvatore F. (46) soll das Geld der falschen Polizisten eingesammelt und in die Türkei weitergeleitet haben.

Die betagten Leute, oft über 80 und 90 Jahre alt, wurden aufgefordert, ihre Ersparnisse in bar abzuheben, um das Geld vor dem Zugriff des kriminellen Bankmitarbeiters zu schützen. Polizeibeamte würden das Geld dann bei ihnen abholen – so der Anrufer. Zahlreiche Senioren, durch den Anruf aufgewühlt, beunruhigt oder gar in Panik versetzt, machten sich umgehend auf den Weg zu ihrem Geldinstitut und hoben ihr gesamtes Vermögen ab.

So am 30. April 2018 eine alte Dame aus Hamburg: Sie hob 162.000 Euro von ihrem Konto ab und übergab das Geld an ihrer Haustür den falschen Polizisten, die es „sicherstellten“. Eine andere Seniorin aus Hamburg übergab am 9. Mai 2018 ihr Erspartes in Höhe von 18.000 Euro an die falschen Polizisten, eine Frau aus Bonn zwei Tage später 25.000 Euro, ein Senior aus Wuppertal drei Tage später 20.000 Euro, eine Frau aus Düsseldorf ebenfalls 20.000 Euro.

Geld soll in die Türkei gegangen sein

Als angebliche „Polizisten“ vor Ort sollen neben Onur Ö. auch die beiden jungen Deutschen Robin Sch. (22) und Emerkan K. (18) aus Schwerte aufgetreten sein und hohe Bargeldsummen in Empfang genommen haben. Das ergaunerte Geld, so der Vorwurf, hätten sie an den in Schwerte wohnenden Italiener Salvatore F. (46) abliefern müssen. Er ist der vierte Angeklagte. Der Mann mit den kahlgeschorenen Kopf soll das Geld an die Banden- Hintermänner in die Türkei überwiesen haben.

Auch Robin Sch. (20) soll ein falscher Bote gewesen sein.

Die „falschen Polizisten“ hätten für jeden Fall, in dem sie den Senioren erfolgreich das Ersparte abknöpfen konnten, Prämien in Höhe zwischen 250 und 1.000 Euro erhalten. Ein älterer Herr aus Schalksmühle war besonders arglos gewesen und hatte sein gesamtes Vermögen in Höhe von 30.000 Euro in einer Plastiktüte vor seiner Haustür abgestellt. Er sah noch, wie die falschen Polizisten aus Schwerte das Geld dort abholten.

Am ersten Prozesstag wurde nur die Anklageschrift vorgelesen. Das Verfahren vor dem Landgericht Hagen soll am 4. November fortgesetzt werden. Dann können sich die Angeklagten zu den Vorwürfen äußern.

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