Schwerte. Vier Generationen der Familie Kettler-Kockelke haben Schwerter Haushalte mit Porzellan, Glas, Bestecken, sowie zuletzt mit Schmuck, Uhren, Taschen, Schals und ausgefallenen Geschenken versorgt. Im Laufe der Jahrzehnte ist es der Familie immer wieder gelungen, die Sortimente der Nachfrage anzupassen. Zwei Weltkriege, mehrere Währungsreformen, die Einführung der EDV und Internet und zuletzt die Coronakrise mussten gemeistert werden. Doch nun gibt es keinen weiteren Nachfolger aus der Familie und damit schließt nach fast 135 Jahren des Bestehens im nächsten Jahr das Traditionshaus Kettler in der Schwerter Innenstadt. Schweren Herzens haben sich Joachim und Dagmar Kockelke nach 45 Berufsjahren zu diesem Schritt entschlossen.
Als Carl Kettler im Jahr 1886 die Firma in der Hüsingstraße 20 gründete, begann alles mit einer Buchbinderei und Einrahmungswerkstatt. Aber dabei blieb es nicht lange. In den vielen Jahrzehnten wanderten so einige Warengruppen durch das Haus, unter anderem auch Spielwaren, Korbwaren, Silber, Kristall und Porzellanmanufakturen. Immer wieder war es das Ziel, sich dem Trend anzupassen.
Im Schwerter Urgrundbuch
Der Standort Hüsingstraße blieb über die Jahrzehnte Sitz des Unternehmens. Damit ist der Name Kettler nach Lewe der älteste dort Ansässige und schon im Schwerter Urgrundbuch zu finden. Immer wieder erweiterte Carl Kettler die Flächen in der Hausnummer 20, bis er das Nachbarhaus Nummer 18, den heutigen Sitz dazukaufte.
Durch die Hochzeit von Tochter Elisabeth Kettler mit Fritz Kockelke, kam der Name Kockelke ins Haus. Nach dem 2.Weltkrieg übernahm Schwiegersohn Fritz Kockelke einige Jahre als Vorsitzender den Einzelhandelsverband Schwerte. Das Nordwestlotto wurde als zweites Standbein aufgenommen, damit die Großfamilie genug Auskommen hatte. Enkel Karl-Friedrich mit Ehefrau Marianne übernahmen nach und nach das Ruder. Eine großzügige, neue Schaufensterfront verband beide Häuser miteinander und ein Lagerhaus in der Kleppingstraße entstand.
„Handel ist Wandel“
Nach dem plötzlichen Tode seines Vaters 1978 stieg Joachim Kockelke – Urenkel des Gründers – in das Unternehmen ein. 1981 eröffnete Kettler nach einem großen Umbau und mit neuem Warenprogramm im Nachbarhaus Hüsingstraße18. Es folgten Ausstellungen mit bekannten Marken, wie z.B. der Porzellanmanufaktur Fürstenberg sowie englischen und französischen Porzellanfabriken.
Der Spruch „Handel ist Wandel“ trifft auf Kettler zu, denn in den Folgejahren kamen immer wieder völlig neue Sortimente ins Portfolio. So entdeckten Joachim und Dagmar Kockelke ihre Liebe zum Schmuck. Das seinerzeit auf dem Markt neue Produkt „Edelstahlschmuck“ wurde mit einer eigenen Abteilung eingeführt. Bei mehreren Herstellern zählte man zu den Kunden der ersten Stunde. Schals und Ledertaschen rundeten das Programm ab. Heute sind diese Artikel aus dem Sortiment nicht mehr wegzudenken.
Radtouren und Wanderungen sind die Zukunft
1986 trat Joachim Kockelke dann in die Fußstapfen seines Großvaters Fritz und ließ sich in den Vorstand der Werbegemeinschaft Schwerte e.V. wählen, deren Vorsitzender er von 2000 bis 2016 war. In dieser Zeit entwickelte er mit den Mitgliedern Projekte wie Pannekaukenfest, Spekulatiusmarkt, Frühlingserwachen und „Schau mal rein“. Daneben gehörte er zum Orga-Team von mehreren Lebensart-Messen in der Rohrmeisterei.
Aber die vielen Stunden und Tage, die Joachim und Dagmar Kockelke für ihren Laden und die Werbegemeinschaft investiert haben, werden bald zur Vergangenheit gehören. Die Beiden möchten nach 45 Berufsjahren mehr Zeit für Radtouren und Wanderungen haben, Weihnachten mal nicht einpacken und Silvester mal nicht an Inventur denken müssen. Auch die vielen Wochenenden für Messebesuche fallen dann weg.
„Es ist uns schwer gefallen, diesen Entschluss zu fassen. Mein Herzinfarkt vor wenigen Wochen sorgte für die endgültige Entscheidung. Nun freuen wir uns auf den neuen Lebensabschnitt“, so Joachim Kockelke.
Damit schließt die Geschichte des Traditionshauses Kettler nach fast genau 135 Jahren. Vorher möchten er und sein Team letztmalig die Kunden mit schönen Dingen und vielen Neuheiten zu Nikolaus, Advent und Weihnachten begeistern. Zur Zeit laufen intensive Gespräche mit interessierten Nachfolgern, denn Kockelkes wollen auf keinen Fall einen Leerstand hinterlassen.