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Jamaikas Ende

Jamaikas Ende

Kommentar

Johannes Voutsinas schreibt zum Jamaika Ende:

Johannes Voutsinas

Schluss! Aus! Ende! Alles vorbei! Der große Traum von „Jamaika in Berlin“, gestern Abend ist er wie eine Seifenblase geplatzt. Um 23.47 Uhr trat ein sichtlich frustrierter Christian Lindner vor die Presse. Im Namen der FDP erklärte er die Sondierungsgespräche für gescheitert. Damit wird es ein erstes Bündnis aus schwarz, gelb und grün auf Bundesebene nicht geben. Für die CDU und Angela Merkel eine Katastrophe. Eine Regierungsalternative zu FDP und Grünen hat sie fast nicht. Wie soll es also weitergehen?

Zur Stunde gibt es darauf nicht wirklich eine Antwort. Die Bundeskanzlerin wird im Laufe des Tages mit dem Bundespräsidenten sprechen. Aber was kommt dann? CDU/CSU und Grüne könnten gemeinsam eine Minderheitsregierung bilden. Das Problem dabei: Eine solche Regierung wäre immer auf die Stimmen einer weiteren Partei angewiesen, im Zweifelsfalle auch auf die der AfD. Demokratisch nur schwer vorstellbar, dass ein solches Konstrukt funktionieren sollte. Also doch Neuwahlen?

Was ist mit Angela Merkel? – Foto: Mike Schiller

Auch das klingt einfacher als es wirklich ist. Angela Merkel müsste sich zunächst zur Kanzlerin wählen lassen, um dann über den Bundespräsidenten den Bundestag wieder aufzulösen und einen neuerlichen Urnengang herbeizuführen. Eine aufwendige Prozedur, deren Ergebnis am Ende wohl ein ähnliches wie schon im September wäre. Also, was nun?

Unter Umständen ist es jetzt an der Zeit, die Fantasie in neue Richtungen wandern zu lassen. Wäre der Ausgang einer weiteren Bundestagswahl möglicherweise ein anderer, würde eine Angela Merkel nicht mehr antreten? Fakt ist, die Bundeskanzlerin ist so angeschlagen und schwach wie noch nie in ihrer Amtszeit. In den letzten Wochen war sie öffentlich fast nicht zu sehen. Bei den Sondierungsgesprächen wirkte sie über lange Zeit nahezu „unsichtbar“. Sie hat es nicht geschafft, den Fokus der anderen Parteien auf ein gemeinsames Ziel zu lenken und ist dabei besonders an ihren eigenen Kollegen aus Bayern gescheitert. Die CSU war zwar in Berlin vor Ort, im Geiste war sie aber eher mit sich, der kommenden Landtagswahl und der eigenen Personalie beschäftigt, als mit einer echten Sondierung.

Martin Schulz: ein stiller Beobachter – Foto: Lukas Pohland

Stiller Beobachter des ganzen Dramas: Die SPD! Unmittelbar nach bekannt werden der ersten Ergebnisse hatte Martin Schulz für die Sozialdemokraten am Wahlabend erklärt, aus der großen Koalition auszusteigen und die Option zu gehen. Bleibt er dort nun oder würde er seine Meinung vielleicht ändern, sollte eine Angela Merkel als Kanzlerin zurücktreten? Die neue Woche beginnt für das politische Berlin mit vielen Fragezeichen und sie hinterlässt einen bitteren Beigeschmack bei dem Blick zurück. Seit Wochen wurde in Berlin verhandelt,
diskutiert und geredet, um am Ende doch nur mit leeren Händen dazustehen. In einer Zeit, da die Welt so komplex und unübersichtlich geworden ist wie lange nicht mehr, ein fatales Zeichen nach außen und an den Wähler, der im September ohnehin schon gezeigt hat, wie frustriert er von der Politik ist.

In Berlin geht und funktioniert nichts mehr. Nur eines bzw. einer, der läuft trotz aller Streitigkeiten weiter: Sigmar Gabriel Er steht als Außenminister seinen Mann, übt sein Amt mit Freude aus und denkt sich vielleicht im Geheimen: „Ich habe alles richtiggemacht! Gott sei Dank, habe ich mit diesem Affentheater in Berlin nichts zu tun!“.

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