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Der Folter-Bungalow in Ergste: Prozess beginnt

Schwerte. Es ist der Fall mit der verbeulten Stahltür, dem Folter-Bungalow in Ergste, in dem ein Pole (35) ein ganzes Wochenende lang bestialisch gequält wurde: Ab dem 19. Januar müssen sich seine drei Peiniger vor dem Landgericht Hagen verantworten. Vorwurf: Erpresserischer Menschenraub!

Im letzten Sommer hatten sich innerhalb von 72 Stunden grausame Szenen in einem heruntergekommenen Haus „Am Derkmannsstück“ abgespielt (MeinSchwerte hatte damals als erstes Medium darüber berichtet). Vier Polen lebten dort in Monteurwohnungen unter einem Dach. Am 18. Juli letzten Jahres begann für einen von ihnen das Martyrium, als die drei anderen ihn angriffen, einen Sack über den Kopf stülpten und ihn ins WC drängten. Bis zum nächsten Morgen wurde wechselweise auf das Opfer eingetreten und eingeschlagen. Zuvor waren dem drangsalierten Polen bereits die Schuhe ausgezogen, Geld, Papiere und das Handy abgenommen worden.

Zigarettenstummel als Foltermittel

Drei Tage lang, bis zum 21. Juli, sei das Opfer von seinen drei Landsleuten (23, 25 und 29 Jahre alt) regelrecht gefoltert worden, so die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hagen. Die Peiniger fesselten den Polen mit Panzerklebeband und Kabeln, um seine Flucht zu verhindern. Sie drückten glimmende Zigarettenstummel an seinem Körper aus und – so einer der härtesten Anklagevorwürfe – sie benutzen sogar das Ohr ihres Opfers als Aschenbecher.

Warum diese ganzen Torturen? Für eine geradezu lächerliche Beute: Die drei Angeklagten hätten ihrem Opfer die PIN-Nummer der Scheck-Karte abgepresst und 332 Euro vom Konto abgehoben.

Geschädigter sitzt in Polen im Gefängnis

Verteidigt einen der Angeklagten: Philippos Botsaris.

Erpresserischer Menschenraub ist ein schwerer Vorwurf – die gesetzliche Mindeststrafe beträgt fünf Jahre Gefängnis. Doch einer der drei Angeklagten, der 25-Jährige, scheint offensichtlich glimpflicher davonzukommen: Sein Verteidiger Philippos Botsaris (PB Recht, Hagen) boxte ihn bereits im Vorfeld aus der Untersuchungshaft heraus: „Der Richter sah allenfalls eine psychische Beihilfe zu einer gefährlichen Körperverletzung als erfüllt an“, freut sich Botsaris über den Erfolg: „Jetzt stehen statt fünf Jahren nur noch sechs Monate Haft im Raum.“ Sein Mandant wurde auf freien Fuß gesetzt, der Haftbefehl komplett aufgehoben.

Wenn am 19. Januar der sechstägige Prozess gegen die drei angeklagten Peiniger vor dem Landgericht Hagen beginnt, ist es fraglich, ob auch der Geschädigte als Zeuge zur Verfügung stehen wird: Er sitzt wegen einer anderen Sache im Polen im Gefängnis. Die zuständige Hagener Haftrichterin, ein Staatsanwalt und ein Kripobeamter aus Unna haben ihn dort bereits vernommen: online, über Skype.