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Vergewaltigungsprozess: Steht die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers auf dem Spiel?

Schwerte – So war der dritte Prozesstag im Vergewaltigungsprozess gegen einen Schwerter (22) nicht geplant: Die 17-jährige Ex-Freundin des Angeklagten – also das mutmaßliche Opfer – hat überraschenderweise ihre Aussage geändert. Steht ihre Glaubwürdigkeit nun auf dem Spiel?

Eigentlich war die nicht-öffentliche Vernehmung der 17-Jährigen schon am vergangenen Dienstag (9. April)  beendet. Doch am Freitag (12. April) gab es eine plötzliche Wendung: Das mutmaßliche Opfer öffnete sich gegenüber der eigenen Verteidigerin, Dr. Arabella Pooth (Dortmund). Daraufhin sollte die Aussage nicht-öffentlich korrigiert werden. Bei den Anwälten des mutmaßlichen Täters stieß das auf keine Begeisterung. Sie wollten das Opfer öffentlich aussagen lassen. Der Vorsitzende Richter Jörg Weber-Schmitz machte aber nochmal deutlich, dass es um intime Details der Zeugin ginge und ein Antrag der Nebenklägervertreterin Dr. Pooth und der Staatsanwältin Bettina Hirschberg (Hagen) auf nicht-öffentliche Vernehmung vorliege. Die Verteidiger beanstandeten die Entscheidung von Weber-Schmitz — das Gericht lehnte die Beanstandung allerdings ab. Somit wurde das Opfer wieder nicht-öffentlich vernommen.

Nach der umfangreichen Vernehmung unter Ausschluss der Öffentlichkeit, konnte man dennoch einiges über die Aussage der 17-Jährigen auf dem Gerichtsflur erfahren: Die Zeugin habe zugegeben zweimal gelogen zu haben. Sie gab zu – weit vor der Vergewaltigung – schon einvernehmlich mit dem 22-jährigen Angeklagten geschlafen zu haben. Außerdem bestätigte sie dem Gericht, dass sie mit ihrem Ex-Freund bei einem Gynäkologen war. Die beiden dachten, dass sie schwanger sei.

Glaubwürdigkeit prüfen

„Das Gericht muss jetzt entscheiden, ob es den Angeklagten verurteilen kann. Die Richter haben nun die ganz schwierige Aufgabe, die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu prüfen“, erklärte der Verteidiger des Angeklagten Hans-Peter Maas (Dortmund) auf Nachfrage. Maas berichtete allerdings auch, dass nur die Vergewaltigung bestritten wird. Die Körperverletzungen durch den Angeklagten sollen hingegen grundsätzlich nicht bestritten werden.

Die Mutter des Angeklagten erinnerte sich in der Hauptverhandlung, dass ihr Sohn zu Beginn der Beziehung folgendes gesagt haben soll: „Sie lügt häufig. Und man muss ihr nicht alles glauben.“ Inwiefern diese Aussage Bestandskraft hat, ist ungewiss.

Familien sagten aus

Die Mutter des Angeklagten ist Biologin. Zum Zeitpunkt der vermuteten Tat war sie gerade in ihrem Heimatland Georgien. Als sie wieder kam, erfuhr sie durch ihren älteren Sohn von der Festnahme. „Für mich war das unvorstellbar“, berichtete sie dem Gericht am Freitag. In Georgien werden Frauen verehrt, meinte die Mutter. Ihr Sohn sei auch so erzogen. Dennoch: Die Schläge könne sie sich vorstellen, die Vergewaltigung nicht.

Die Eltern dachten, dass der Angeklagte seine damalige Freundin heiraten wollte. Die 17-jährige Schülerin soll damals angeblich gesagt haben: „Natürlich, wir wollen heiraten und eine Familie gründen.“ Nach der Vergewaltigung schrieben die Eltern einen Entschuldigungsbrief an die Familie des mutmaßlichen Opfers. „Wir haben diesen Brief als gläubige Christen verfasst“, berichtete der Vater dem Gericht. Wie der Entschuldigungsbrief genau einzuordnen ist, ist unklar.

„Sie weinte, er lachte“

Auch die Mutter der 17-jährigen Schülerin sagte aus. Sie berichtete, dass ihre Familie den Angeklagten nie richtig kennengelernt habe. Sie soll auch nicht gewusst haben, ob es ein Freund oder ihr Freund war. Die Familie habe von dem Angeklagten allerdings einen riesigen, teuren Strauß bekommen. „Ich habe mich gefreut, meine Tochter wollte den allerdings nicht“, erzählte die Mutter von der Schülerin.

Der 22-jährige mutmaßliche Vergewaltiger war einmal kurz bei der Opferfamilie. „Meine Tochter hat geweint, er hat gelacht“, so die Mutter. Sie habe ihn gebeten zu gehen. Auffällig: Auch im Gerichtssaal lacht der Angeklagte immer wieder. Teilweise scheint er sich regelrecht lustig zu machen.